Die Honorarlehrkräfte der Berliner Musikschulen haben zu drei Unterrichtsstunden für den Senator für Finanzen aufgerufen. Mit der Unterstützung und der Beteiligung der VHS-DozentInnen musizierten sie am 29. März, 12. April und 5. Mai 2019 mit ihren Instrumenten unter dem Bürofenster des Senators in der Klosterstraße.

Ziel der Aktion war es, der Forderung nach einem Tarifvertrag für freie MitarbeiterInnen(*) an den Berliner Musikschulen und Volkshochschulen Nachdruck zu verleihen. Dieser wurde ihnen bereits 2017 in einer Richtlinie des Abgeordnetenhauses versprochen – bislang aber nicht umgesetzt, da der Senat die Verhandlungsaufnahme mit ver.di mehrfach verweigerte.

Ein sehenswertes Video (3 Minuten) über die Aktion und die Situation der Lehrkräfte hat ver.di TV zusammengestellt:

*Für freie Mitarbeitende im Rundfunk bestehen solche Tarifverträge bereits (vgl. Auflistung bei ver.di).

(Update)

Die guten Nachrichten aus Köln reißen nicht ab. Am 08.11.2018 konnte bereits ein großer Erfolg der Initiative “Forum für Honorarkräfte Rheinische Musikschule Köln” vermeldet werden: Damals fiel im Stadtrat der Beschluss, dass die Musikschule mit 12 festen Lehrstellen ausgestattet und die Honorare erhöht werden sollen. Nun folgt ein Update:

Stadtrat Köln beschließt sieben weitere Stellen für Rheinische Musikschule
In der Stadtratssitzung am Donnerstag, den 14.02.19, wurde eine deutliche Verbesserung des Personaletats der Rheinischen Musikschule Köln (RMS Köln) verabschiedet – ein wichtiger Schritt, in der Umsetzung des Haushaltsbeschlusses vom 08. November 2018 hin zu einer Erhöhung des Stellenwerts musikalischer Bildung in Köln.
Dabei fallen die Verbesserungen nun deutlich umfangreicher aus, als zuvor absehbar: Statt der im November angekündigten 12 neuen festen Stellen, erhöht sich der Personaletat der Rheinischen Musikschule um ein Stundenkontingent von 19 festen Stellen. Die Aufstockung um 7 weitere Stellen wird ermöglicht durch einen Sachmittel-Zuschuss von 500.000 Euro, die der Stadtrat im letzten Haushaltsbeschluss zusätzlich zu den 12 Stellen bewilligte. Die ebenfalls angekündigten Honorarverbesserungen für freie Mitarbeiter*innen, werden erst nach der Umsetzung des neuen Personalplans umgesetzt. Der Einzelunterricht soll hierbei statt bisher mit 25 Euro Bruttohonorar mit künftig 35 Euro pro Zeitstunde vergütet werden.
„Die nun angekündigten Verbesserungen bleiben zwar unter unseren Forderungen, jedoch weisen die Honorarerhöhungen und vor allem die Senkung des Anteils der von Honorardozent*innen gehaltenen Unterrichtsstunden auf unter 30% in die richtige Richtung: Musikschularbeit kann nur mit Festanstellungen sinnvoll betrieben werden“, meint Wolfgang Ruland, Honorarkraft an der RMS Köln und Mitglied des Sprecher-Teams des Forums für Honorarkräfte. Eva-Maria Zimmermann, ebenfalls Sprecherin für das Forum, sagt weiterhin: „Nach diesem ersten Erfolg wird ein nächster Schritt sein, das Thema des Stellenwerts musikalischer Bildung auch auf Landesebene weiter zu stärken. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Kommunen mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden dürfen. Der ver.di Landesfachgruppenvorstand Musik NRW arbeitet deshalb derzeit an einem Vorschlag für ein Landesmusikschulgesetz.“

ver.di Fachgruppe Musik
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Mit einer spektakulären Aktion haben Musiklehrkräfte in Leipzig auf ihre Situation aufmerksam gemacht: Weil sie im Vergleich zu Festangestellten nur die Hälfte des Einkommens verdienen, halbierten sie öffentlich Instrumente. Die Aktion wurde von der Honorarlehrervertretung der Musikschule Leipzig „Johann Sebsastian Bach“, Honorarmusikpädagogen aus VdM-Musikschulen Sachsens sowie vom Deutschen Tonkünstlerverband Sachsen (DTKV Sachsen) organisiert.

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Der Großteil des Unterrichts an Musikschulen wird über Honorarlehrkräfte organisiert. Nur einzelne kommunale Musikschulen setzen auf Angestellte. Vermutlich aus diesem Grund fiel die Ergebnisliste zum Schlagwort “Musikschule” auf der Bewerbungsplattform indeed.com im September 2018 eher mager aus. Ausgewertet werden konnten sieben Stellenangebote, die meisten davon in Süddeutschland (Download der Ausschreibungen als PDF).

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Isabel Meiser, ehemalige Leiterin der Musikschule St. Ingberg im Saarland, kritisierte am 23.08.2018 im Kulturausschuss der Stadt die Honorarverhältnisse an der Schule. Unter anderem fiel es Meiser schwer, für ein Honorar von 17,56 Euro pro Unterrichtsstunde Personal zu finden. Kein Wunder, denn von einem Selbstständigenhonorar müssen mindestens 50% abgezogen werden, zudem kommen Vor- und Nachbereitung zum reinen Unterricht hinzu. Meisers Bericht zeigt, dass sie diese Situation und die Auswirkungen auf das Personal klar erkannt hat.

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Petition_RH-MusikschuleAn der Rheinischen Musikschule Köln (RMS) ist eine selbstbewusste Initiative von freien Musiklehrkräften entstanden. Im Interview Fortissimo: Schluss mit leisen Tönen! (DGB Köln-Bonn, 31.07.2018) schildern sie die Problematik an der Musikschule Köln und geben damit einen lebendigen Eindruck von den Problemen, mit denen viele freie Lehrkräfte konfrontiert sind:

Obwohl wir unsere Arbeit als Berufung leben und wir unseren Job lieben, muss man deutlich sagen, dass die Arbeit als Honorarkraft höchst unattraktiv ist. Dass wir überhaupt dabei bleiben, liegt wohl nur an der Liebe zu dieser Arbeit.”

“Wir empfanden uns als Dozent*innen zweiter Klasse, die keine Chance auf eine Festanstellung und ein gesichertes Einkommen haben.

“Die Stadt Köln muss endlich ihre finanzielle Verantwortung gegenüber der Rheinischen Musikschule wahrnehmen! Es kann nicht sein, dass seit 1994 der Etat nicht erhöht wurde, während sich die Schülerzahlen von 4.500 auf 9.000 verdoppelt haben!”

Bildung über prekäre Arbeitsverhältnisse der Dozent*innen zu finanzieren, ist moralisch wie bildungspolitisch ein Ding der Unmöglichkeit!”

Die Initiative fordert eine Begrenzung des Einsatzes von Honorarkräften auf 25% des Unterrichts, die Schaffung von mehr Festanstellungen und ein höheres Honorar. Dass dies möglich ist, zeigt die Musikschule in Bonn: Dort sind genau diese Forderungen bereits Realität. Auch die Stadt Münster beschloss jüngst, die Arbeitsbedingungen in der Musikschule zu verbessern. Wann folgt Köln den Beispielen?

Wer die Initiative unterstützen möchte, kann ihre Petition unterzeichnen.

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Die Westfälischen Nachrichten sprechen von einer “deutlichen Kurskorrektur” bei der Musikschule in Münster: Das Unterrichtsangebot der Westfälischen Schule für Musik soll in Zukunft zu 80% von Festangestellten und nur noch zu 20% von freien Lehrkräften geleistet werden. Zudem soll das Honorar für freie Lehrkräfte von 25 auf 30 Euro erhöht werden.

Zu Recht trägt der einstimmig angenommene Antrag der SPD den Titel “Abbau prekärer Beschäftigung bei der Stadt Münster”. Ein Projekt, das sich bundesweit noch viele weitere Länder und Kommunen auf die Fahne schreiben müssten: Nach der Studie “Das Personal in der Weiterbildung” häufen sich prekäre Einkommensverhältnisse unter Weiterbildner*innen ausgerechnet im öffentlich geförderten Segment (vgl. Zusammenfassung auf wb-web.de). Das Beispiel Münster zeigt, dass es auch anders geht – wenn der politische Wille vorhanden ist.

Petition_RH-MusikschuleWie man in kurzer Zeit eine Gruppe von freien, einzelkämpfenden Lehrkräften zu einem Kollegium macht, das seine Forderungen klar zum Ausdruck bringt und die Verantwortlichen in ihre politische Verantwortung nimmt, zeigen die Honorarkräfte der Rheinischen Musikschule Köln mit ihrer Petition.

Prekäre Beschäftigung – auch im kulturellen Bildungsbereich der Stadt – sollte nicht länger hingenommen werden als sei sie eine unvermeidbare Naturkatastrophe, auf die niemand Einfluss hat.

Soweit im Westen. Und im Osten:

Bei RBB Kulturradio wurde am 31. Januar in einer Radiosendung zum Thema “Wie geht es den Berliner und Brandenburger Musikschulen?” diskutiert.
Na, wie wohl?!?

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© PLauppert/Wikimedia Commons

930 Musikschulen sind bundesweit im Verband deutscher Musikschulen organisiert, 42 davon in Rheinland-Pfalz. Dessen Landesverband warnt nun vor einem Nachwuchsmangel unter Musikschullehrern: Der Beruf werde als „sozial unsicher“ wahrgenommen, so der Vorsitzende des Landesverbandes der Musikschulen in Rheinland-Pfalz Christoph Utz. Die Meldung der dpa wurde in zahlreichen Medien aufgegriffen. Utz stellt sich darin explizit an die Seite der Lehrkräfte und warnt, die vielen Arbeitsverhältnisse auf Honorarbasis ohne soziale Absicherung verschärften den Lehrkräftemangel. Hinzu kommt Unsicherheit in der Finanzierung. Auf seiner Webseite stellt der Landesverband der Musikschulen in Rheinland-Pfalz die „Bestandssicherung der kommunalen Institutionen vor dem Hintergrund der Finanzkrise der öffentlichen Hand“ als eines seiner wichtigsten Projekte dar. Die Landesförderung mache aktuell nur noch 7% des Gesamtbudgets der rheinland-pfälzischen Musikschulen aus, so Utz.

Ausführlicher Bericht auf news4teachers: Musikschulen haben den Blues