Am 20.06.2019, dem Welttag der Geflüchteten, führten die Freien Dozent*innen Berlin unter dem Titel “Solidarität statt BAMF” eine öffentliche Aktion vor dem Bundesministerium des Inneren (BMI) durch. Im Aufruf kritisierten sie, das Innenministerium und BAMF würden gegenüber Geflüchteten “mit mehr Zwang, Kontrollen und Repression” agieren und die Zügel deutlich anziehen. Insgesamt 12 zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine schlossen sich dem Aufruf an und waren auch auf der Kundgebung präsent.
Höhepunkt der zweistündigen Kundgebung war die Übergabe eines Zeugnisses für die Leistungen des BAMF, schließlich war der 20.06. zugleich der erste Tag der Schulferien in Berlin. Das BAMF erhielt allerdings in so wichtigen Fächern wie “Sorgfalt”, “Umsetzung von EU-Asylrecht”, “Transparenz” nur die Note “mangelhaft”. Im Fach “Kontrolle” dagegen gab es eine glatte Eins.
Erfreulicherweise erregte die Aktion bereits Aufmerksamkeit: Zur Kundgebung zwei Vertreter des BAMF und des BMI, die sich den Fragen der Protestierenden stellten. Zudem lud Ulrich Weinbrenner, Leiter der Abteilung “Migration, Flüchtlinge, Rückkehrpolitik” im BMI, die die Freien Dozent*innen Berlin zu einem Gespräch ein.
In diesem Artikel werden die Redebeiträge der beteiligten Lehrkräfte-Initiativen zusammengefasst. Weitere Redebeiträge, Stellungnahmen, Zahlen und Fakten sind in einer umfangreichen Pressemappe dokumentiert. Auch die komplette Fotogalerie ist auf der Webseite der Freien Dozent*innen Berlin einsehbar.
Redebeitrag der VHS-Dozent*innen
Die Berliner Vertretung der VHS-Dozent*innen kritiserte in ihrer Rede die neuen Regelungen des BAMFs, denn sie erschweren gleichzeitig den Arbeitsalltag der Lehrkräfte und das Leben der Flüchtlinge. Beispielsweise werde die Dauer der Integrationskurse kurz gehalten, der Deutschkurs solle möglichst schnell und ohne Rücksicht auf die Lebenssituation der Kursteilnehmenden durchgezogen werden. Hingegen sind die VHS-Dozent*innen überzeugt, dass „ein erfolgreicher Unterricht nur funktioniert, wenn die Lebenssituation der Lernenden mit einbezogen wird, sie Empathie erfahren und auch die Lehrenden ein Minimum an sozialer Sicherheit genießen.“
Redebeitrag der Freien Dozent*innen
Auch der Redebeitrag der Freien Dozent*innen hob den Zusammenhang zwischen Lehrkräften und Geflüchteten hervor, da beide von den verschärften Maßnahmen vom BAMF betroffen sind. Dies hatten die Freien Dozent*innen bereits in einem Offenen Brief im Dezember 2018 dargelegt (siehe “Förderung statt Zwang im Integrationskurs”).
Demnach habe sich 2016 zwar die Vergütung der Lehrkräfte verbessert, alle anderen Aspekte dagegen werden mit jedem neuen Trägerrundschreiben des BAMF verschärft. Die Freien Dozent*innen sprechen sich deutlich gegen das jetzige Kontrollsystem in den Kursen aus und empfehlen den Mitarbeitenden des BAMF, eher zu kontrollieren, wie die Kursteilnehmenden regelmäßig von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, dem Wohnungsmarkt, und in anderen Einrichtungen betroffen sind. Am Ende ihres Beitrags stellten die Freien Dozent*innen die Frage, ob die Neuregelungen des BAMF „nur der Befriedigung der bürokratischen Pedanterie einzelner und dem Erheben rassistischer Vorurteile, vor allem von Seehofer und Konsorten, zur Staatsräson“ dienen.
Weitere Redebeiträge
In der Rede der LAMA (Landesausschuss für Migration, Diversität und Antidiskriminierung, GEW Berlin) ging es um die Lehre in den Willkommensklassen.
Die Redebeiträge der Flüchtlingsinitiativen Kontakt und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen KUB, Corasol, Familienleben für Alle, Bürger*innen-Asyl Berlin sowie Seebrücke Berlin thematisierten hingegen die Auswirkungen der Asylpolitik auf das Leben der Geflüchteten.
So machte Corasol auf bestehenden Rassismus, auf die dramatische Lage und den Mangel an Perspektiven der Asylbewerber*innen aufmerksam. Durch das “Geordnete-Rückkehr-Gesetz” drohe eine weitere Verschlechterung, dessen Inhalt der Redner folgendermaßen zusammenfasst: “Ankunft im Lande, Unterbringung in einem geschlossenem Zentrum, Abschiebung.“