Dürfen wir mitfeiern?

2019 feiern die Volkshochschulen ihr 100jähriges Bestehen. Zwar gibt es bei einem dezentralen Konzept wie den VHSen kein einheitliches Gründungsjahr für alle Einrichtungen. Dennoch beschreibt der Deutsche Volkshochschulverband das Jahr 1919 als Ausgangspunkt:

“Das Jahr 1919 setzt den Grundstein für die Entwicklung der Weiterbildung in öffentlicher Verantwortung, die seither konstituierend ist für Volkshochschulen: Artikel 148 der Weimarer Verfassung forderte alle staatlichen Ebenen dazu auf, das Volksbildungswesen einschließlich der Volkshochschulen zu fördern.
Die Weiterbildung erhielt damit erstmals Verfassungsrang und wurde zum integralen Bestandteil des öffentlichen Bildungssystems. Dies löst deutschlandweit eine Welle von Volkshochschulgründungen aus. In keinem anderen Jahr der deutschen Geschichte wurden so viele Volkshochschulen gegründet.”

Deutscher Volkshochschulverband: 100 Jahre VHS, www.dvv-vhs.de/100-jahre-vhs

“Weiterbildung in öffentlicher Verantwortung”? Wer an der VHS unterrichtet, spürt von dieser öffentlichen Verantwortung eher wenig. Ausgerechnet die Lehre, Herzstück eines jeden pädagogischen Betriebs, wird zum Großteil von Honorarlehrkräften gestemmt.

Das Konzept der Volkshochschulen ist durchaus unterstützenswert. Es muss aber auch gut umgesetzt werden. Dies ist aktuell nicht der Fall. Auf diese Weise kann die VHS auch nicht ihr “Häkelkurs-Image” abwerfen und zu dem werden, was sie gerne wäre: Ein Bildungs- und Begegnungsort, der die großen gesellschaftlichen Fragen der Zeit adressiert und aktiv zu Teilhabechancen, gesellschaftlichem Zusammenhalt und persönlicher Weiterentwicklung beiträgt. Die Ansätze dazu sind da. Qualitativ hochwertige Weiterbildung kann aber nicht dauerhaft auf dem Rücken des eigenen Lehrpersonals angeboten werden.

Im Jubiläumsjahr sind zahlreiche Veranstaltungen geplant. Es ist aber abzusehen, dass die Perspektive der Lehrkräfte nicht berücksichtigt wird – wenn wir sie nicht eigenhändig einbringen. Zeit also für etwas Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache.

Vielversprechend könnten auch politische Kontakte sein: 2019 finden in mehreren Bundesländern Kommunalwahlen oder Landtagswahlen statt, das heißt es werden die Geldgeber vieler Volkshochschulen gewählt. Auch PolitikerInnen dürften also ein verstärktes Interesse daran haben, in der Öffentlichkeit gut da zu stehen.

Diese Kombination bietet zahlreiche Möglichkeiten, der Perspektive der Lehrkräfte Gehör zu verschaffen.

Update: Derzeit formiert sich die “Initiative Faire VHS”. Bei Interesse meldet euch unter: faire-vhs@kreidefresser.org


Lesetipp: “Wir bekommen ein gravierendes Fachkräfteproblem”, E&W, 12.12.2018 über die Beschäftigungsbedingungen an den Volkshochschulen

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