zuerst veröffentlicht am 9.9.2019 auf dem Blog der Freien Dozent*innen Berlin
Stellungnahme einer Kollegin: Deutsche Integrationsverweigerer, Teil 2
Neue Gesetze, gleiches Elend
Nach den unsäglichen Aussagen von Herrn Scheuer (CSU) über Migrant*innen, die die Frechheit besitzen, sich gut zu integrieren, wurde eine Stellungnahme veröffentlicht zur Integrationsverweigerung auf Seiten der deutschen Politik und Bevölkerung. Das war 2016. In einem Interview mit dem Handelsblatt bekleckert sich Herr Sommer, Präsident des BAMFs, auch 2019 keineswegs mit Ruhm, sondern legt nochmal nach.
Im Bezug auf die Forderungen nach Arbeitsmöglichkeiten und
Deutschkursen für Flüchtlinge unabhängig von Status oder
Bleibeperspektive sagt er: „Wir müssen alles vermeiden, was
falsche Anreize für die illegale Migration nach Deutschland setzt….
Wer kein Bleiberecht hat, muss gehen…. Die Integrationskurse
richten sich an Personen, die auf einen dauerhaften Aufenthalt in
Deutschland vorbereitet werden – nicht an Ausreisepflichtige….
Wenn sich Personen in einem Integrationskurs befinden oder diesen
erfolgreich absolviert haben, sehe ich die Gefahr, dass Abschiebungen
nur noch schwer durchsetzbar sein werden.“
Die vielbeschworene
Bleibeperspektive, auf die sich Sommer indirekt bezieht, ist
allerdings keine inhärente Eigenschaft von Geflüchteten, sondern
Definitionssache, und wird dementsprechend verschieden ausgelegt. Sie
ist nicht im Gesetz klar definiert, und hat dennoch rechtlich massive
Konsequenzen für die Betroffenen. Sie ist in der Praxis keineswegs
für alle an eine individuelle Überprüfung gebunden, denn eine
Überprüfung, wie sie im Asylgesetz eigentlich festgelegt ist,
findet oftmals kaum statt.
(www.proasyl.de/hintergrund/was-im-asylverfahren-passiert-und-was-dabei-alles-falsch-laeuft/).
Stattdessen wird von Seiten des BAMF primär an die allgemeinen
Schutzquoten der Herkunftsländer gekoppelt, wie
Pro Asyl kritisiert. Auch Dr. Stephan Hocks von der Universität
Gießen kritisiert
die Bleibeperspektive als „nicht fallbezogen“.
Auch
taucht in der leidlichen Diskussion um die Bleibeperspektive immer
wieder die Idee auf, dass auch Migrant*innen aus den „falschen“
Herkunftsstaaten“ eine gute Bleibeperspektive erreichen könnten,
wenn sie denn als gut integriert gelten. Als Beweise für diese
Integration werden immer wieder Arbeitstätigkeit und
Deutschkenntnisse genannt – also genau die Dinge, die ihnen nach
Herrn Sommer verweigert werden sollen; und zwar auf Grund ihrer
schlechten Bleibeperspektive. Chapeau! Die Katze beißt sich in den
Schwanz, und keiner hat es gemerkt, schon gar nicht das
Handelsblatt.
Und gleichzeitig kann man ihm fast nicht böse
sein, ist doch zumindest seine arglose, weil konsequenzenlose,
Ehrlichkeit fast schon löblich, wenn auch inhaltlich zutiefst
abstoßend. Die restliche Politik und ihre Behörden haben derweil
gelernt, die deutsche Integrationsverweigerung nicht auszuplaudern,
sondern
einfach umzusetzen. Migrant*innen immer wieder Steine in den Weg
zu legen, um sie durch Zermürbung zum Gehen zu bewegen, ist nur eine
neue Version der gleichen Abschreckungsstrategie, die seit der
faktischen Abschaffung des Asylrechts in den 90er Jahren Immigration
auf ein Minimum beschränken soll. Damals ein Zugeständnis an die
Teile der Bevölkerung, die Heime anzündeten, heute ein Zugeständnis
an die Wähler*innen, die der CDU weggelaufen sind und sich jetzt im
braunen Sumpf der AfD pudelwohl fühlen.
Dass die Rückgewinnung
von Stimmen durch Anbiedern und rechte Parolen nichts bringt, weil
diese rechtsgesinnten Wähler*innen keinen Grund haben, „Rassismus
light“ bei der CDU zu wählen, wenn sie bei der AfD das Original
bekommen können, scheint im Bundestag immer noch nicht angekommen zu
sein. Anstatt Leute zurückzugewinnen, verschieben die durch Taten
und Worte den gesamten Diskurs nach rechts – und die AfD darf sich
bei der nächsten Wahl wieder bedanken, dass andere Parteien ihnen
nach dem Maul reden und Ressentiments salonfähig machen.
Auch
dass Horst Seehofer als neuer Innenminister zuständig für das BAMF
ist, ist nichts weiter als ein Teil dieses Zugeständnisses. Und er
lässt seinen Worten, dass die Migration die Mutter aller Probleme
sei, Taten folgen. Das Resultat ist ein Clusterfuck beeindruckenden
Ausmaßes. Die Wartezeit
für Deutschkurse hat sich seit 2016 fast verdoppelt, das seit
Ende letzten Jahres eingeführte Computersystem des BAMF zwingt
Verwaltungen kleinerer Träger in die Knie und bringt Verwaltungen
größerer Träger immer noch zur Verzweiflung, und die immer wieder
verschärften Regeln und überbordende Bürokratie treiben
Teilnehmende zum Versagen, Lehrkräfte zur Kündigung und Träger zum
Ausstieg aus den Integrationskursen.
Dabei sind diese Methoden
nicht nur Schikane und letzten Endes Sabotage der Deutschkurse,
sondern vor allem so absolut sinnentleert, dass selbst unsere
Vorgesetzten in den Schulen oft nur noch mit dem Kopf schütteln
können. Ein Beispiel: Das neue Computersystem zwingt die Träger
dazu statt nur zum Kursstart einmal nun jeden Tag für jeden Kurs ein
Datenpaket mit allen Namen, Nummern etc. ans BAMF zu schicken. Jeder
Tippfehler löst dabei eine Fehlermeldung aus, die schlimmstenfalls
eine Löschung des Kurses zur Folge haben kann, wenn sie nicht
schnell genug behoben wird. Die Folge: Jeden Tag sind die
Verwaltungen aufs Neue damit beschäftigt, alle Fehler zu
korrigieren, und das Tagesgeschäft bleibt liegen. Ein Vorteil für
das BAMF, z.B. eine schnellere Meldung von längerem Fernbleiben in
den Kursen, ist nicht erkennbar, denn die Listen, die die
tatsächliche Anwesenheit dokumentieren, werden wie immer erst zum
Modulende auf Papier eingereicht.
Dieser Unsinn bedeutet, dass
selbst diejenigen, die meinen, das BAMF würde Migrant*innen noch
nicht genug trietzen, nicht auf ihre Kosten kommen, denn die täglich
verschickten Datenberge sind nicht aktueller und ermöglichen keine
bessere Kontrolle als die früheren einmaligen Meldungen zu
Modulbeginn. Anders gesagt: das BAMF könnte genauso gut die Daten am
Modulbeginn jeden Tag durch ihre eigenen Kopierer ziehen, es würde
kaum einen Unterschied machen. Um tagesaktuelle Daten zu bekommen,
müssten alle Lehrkräfte alle fehlenden Teilnehmenden jeden Tag
melden, z.B. telefonisch oder durch persönliche Vorsprache im Büro,
und die eh schon überlasteten Verwaltungen müssten diese
Informationen jeden Tag ans BAMF weiterleiten. Das einzige, was damit
eventuell noch zu erreichen ist, ist der Zusammenbruch des Nürnberger
Telefonnetzes.
Verarbeiten wird das BAMF diese
Informationsmassen eh nicht, ist doch gerade diese Behörde dafür
bekannt, in derselben Geschwindigkeit zu arbeiten, in der Gebirge
wachsen und vergehen. Trotz alledem wird das BAMF die Zeit
voraussichtlich nicht zurückdrehen, um seine eigene Bürokratie in
den Griff zu bekommen. Irgendwer profitiert schließlich immer davon,
seien es Seehofer und Konsorten, die sich politisch profilieren
können, weil keiner versteht, was sie tun, sei es die IT-Firma, die
sich an dem Elend eine goldene Nase verdient.
Auch die
Erklärungen, die das BAMF am 28.01.2019 in seiner Antwort auf den
Offenen Brief der Freien Dozent*innen Berlin
(freiedozentinnen.wordpress.com/2018/12/18/foerderung-statt-zwang-in-integrationskursen/)
für eine Verschärfung der Fehlzeitenregelung gegeben hat, ergibt
keinen wirklichen Sinn. Das BAMF
schreibt in Hinblick auf die Meldung von Fehlzeiten, sowohl
entschuldigt als auch unentschuldigt, an verpflichtende Stellen, z.B.
das Jobcenter: „Um eine ordnungsgemäße Teilnahme am
Integrationskurs zu gewährleisten, müssen Kursträger
verpflichtende Stellen über Fehlzeiten informieren. … Die dient
dazu, die verpflichtende Behörde in die Lage zu versetzen, mit dem
Kursteilnehmer frühzeitig Kontakt aufzunehmen, um etwaige
Kursabbrüche zu vermeiden. Die Träger der Grundsicherung sind
bereits aus Rechtsgründen daran gehindert, Sanktionen an
entschuldigte Fehlzeiten zu knüpfen. Gleichwohl ist die Information
darüber wichtig für das Gesamtbild, auch um ggf. Unterstützung
leisten zu können.“
Wenn also für das Jobcenter
entschuldigte Fehltage bei der Leistungsberechnung keine Rolle
spielen, und die Einstufung sowie die Einschätzung, ob ein*e
Teilnehmende*r den Kurs trotz Fehlzeiten schafft, bei den Trägern
bzw. den Lehrkräften und nicht beim Jobcenter liegt, wozu dann die
Weitergabe der Information? Die Behörden fordern unserer Erfahrung
nach sowieso permanent Nachweise von Anmeldung bzw. Teilnahme an den
Kursen, d.h. sie erfahren auch so schon schnell genug von einem
Kursabbruch. Daran hat sich durch die Herabsetzung der erlaubten
Fehlzeiten von 30 auf 20 Prozent nichts geändert. Was ist besser?
Was ist anders? Wem wird hier geholfen? Den Teilnehmenden auf jeden
Fall nicht. Es ist ein fast schon drolliger Versuch des BAMF, sich
als Freund und Helfer darzustellen. Dummerweise tun sie es gegenüber
denjenigen, die ihre Praxis zu Genüge kennen und nicht darauf
reinfallen werden. Wir als Lehrkräfte sehen diese Regelungen nach
wie vor als das, was sie sind: Nur eine weitere Schikane, um für
spätere Streichungen, Verweigerungen, Ablehnungen etc. schon mal die
Begründungen bereit zu haben.
Den geäußerten Befürchtungen
der Freien Dozent*innen Berlin, dass an einen Verstoß gegen die
strikten Fehlzeitenregelungen, selbst bei entschuldigtem Fehlen,
negative Konsequenzen für den Aufenthalt, den Familiennachzug sowie
Wiederholerstunden im Deutschkurs geknüpft sein könnten,
widerspricht das BAMF nämlich derweil nicht. Heißt das in der
Konsequenz, dass diese Befürchtungen wahr sind? Oder möchte das
BAMF sich dazu nicht äußern, um sich für spätere Restriktionen
alle Optionen offen zu halten? Diese Ungewissheit ist vermutlich kein
Unfall, keine Schlampigkeit des BAMF beim Beantworten ihrer Post,
sondern auch nur ein Teil der Zermürbungsstrategie. Ähnlich handelt
übrigens auch Horst Seehofer, der in Interviews offen zugibt, die
Gesetze oft so komplex zu machen, damit andere Entscheidungsträger
schlicht überfordert sind und seine neuen Niederträchtigkeiten
einfach durchschlüpfen
(https://www.sueddeutsche.de/politik/seehofer-datenaustauschgesetz-1.4479069).
Das
Klima wird rauher, und die Zeiten stehen auf Spaltung. Die meisten
neuen Vorschläge zu verschiedenen Migrationsgesetzen versuchen,
Migrant*innen in immer kleinere, unterschiedlich privilegierte bzw.
drangsalierte Gruppen zu unterteilen, um diese gegeneinander
auszuspielen, und selbst nachdem Horst Seehofers sieben feuchte
Träume Gesetz geworden sind, kriegen
die deutschen Integrationsverweigerer den Hals nicht voll. Auch
die Abschiebung Straffälliger in Kriegsgebiete, die spätestens seit
AKK wieder spruchreif ist, passt in dieses Schema. Wir sollten nicht
vergessen, dass die Abschiebungen einiger weniger sehr schnell zu
einer Abschiebung vieler werden können. Irgendwie muss man ja den
Schuh in die Tür bekommen.
Während also das Vorurteil des
kriminellen Ausländers immer noch Wirkung zeigt, bricht gleichzeitig
die BRD munter selber Gesetze, um Migrant*innen kleinzukriegen – ob
nun die eigenen oder das EU-Recht. Sei es ein rechtswidriges
Arbeitsverbot, ein rechtswidriger
Ausschluss von Sozialleistungen oder die neuen
Gesetze zum Familiennachzug; solange diese Verstöße
konsequenzenfrei bleiben und niemand der BRD auf die Finger klopft,
möge man uns mit dem üblichen rassistischen
Recht-und-Ordnungsfimmel verschonen.
Zeitgleich machen
Gespenstergeschichten über Deutschkurse die Runde, und sind nicht
totzukriegen. Von der Mär,
dass die Hälfte der Teilnehmenden durch den B1-Test fallen über
Betrügereien
bei Deutschkursen und Prüfungen ist die Stimmungsmache im vollen
Gange. Dass es Schulen gibt, die krumme Dinger drehen, stimmt zwar,
nur ist der Lösungsversuch des BAMF der Falsche. Anstatt alle
Schulen unter Generalverdacht zu stellen und mit schikanösen
Kontrollen zu bestrafen, wären gezielte Maßnahmen unter
Einbeziehung der Lehrkräfte viel sinnvoller. Auch wir haben keine
Lust auf Schulen, die unsere Kolleg*innen dazu zwingen, unter großem
persönlichen Risiko z.B. Listen zu fälschen. Die wahren Abgezockten
sind dabei übrigens nicht die vielbeschrieenen deutschen
Steuerzahler, sondern vor allem die Teilnehmenden, die ihren Anspruch
auf einen Deutschkurs verbraucht haben.
Aber warum sollten wir
unter Drohung des Jobverlusts betrügerische Schulen ausgerechnet an
die Behörde melden, die trotz jahrelanger Kritik immer weiter
Regelungen verschärft, ohne gleichzeitig eine Verbesserung unserer
Arbeitsbedingungen von den Trägern zu erzwingen, was das BAMF
durchaus könnte? Welchen Grund hätten wir, dem BAMF zu trauen,
nachdem unsere Kritik immer wieder auf taube Ohren stößt und wir
nach wie vor so prekär arbeiten, dass wir es nicht riskieren können,
das Maul aufzumachen?
Man kann sich fragen, was das alles soll.
Warum sabotiert das BAMF die eigenen Integrationskurse, obwohl es
gleichzeitig nicht müde wird, den Wert unserer Arbeit zu betonen?
Uns scheint es so, dass die Schraubzwingen, die bei den
Teilnehmenden, den Kursleitenden sowie den Trägern angelegt werden,
alle Teile einer Strategie sind, die im Kern ein Bleiben der
Migrant*innen verhindern wollen. Manchmal geschieht dies direkt,
manchmal indirekt, aber immer steht dahinter dieselbe deutsche
Integrationsverweigerung, die schon 2016 angeklagt wurde. Herr
Scheuer und Herr Sommer sind mit ihrer Politik nicht alleine, sie
waren nur bräsig genug, sie direkt auszusprechen.
Es ist ein
politisches Kalkül, eine Atmosphäre der Überforderung zu schaffen,
sei es eine Überbelegung und Unterversorgung der Heime (oder vorher
der Turnhallen), sei es ein Mangel an Deutschkursen samt
überbordender Bürokratie. Es ist keine Frage der Ressourcen,
sondern es ist ein geplantes Versagen. Dies passiert, wenn
ausgerechnet die Leute am Hebel dieser Programme sitzen, die diese
Programme aus politischen Gründen eigentlich loswerden wollen. Daher
ist es auch Unfug, immer wieder nur Probleme der Deutschkurse einzeln
zu betrachten und sich immer wieder zu wundern, warum nichts von dem
umgesetzt wird, was doch angeblich alle wollen. Die Integration ist
nicht erwünscht, weil die Migrant*innen nicht erwünscht sind.
Die
Kolleg*innen, die sich gegen eine Politisierung der Forderungen der
Lehrkräfte wenden, aus Angst, damit potentiell auch Leute zu
verschrecken, haben eines nicht verstanden: Unsere Situation ist
schon längst politisiert, weil die Politik gegen Migration
zwangsläufig unsere Arbeit betrifft. Solange Migration politisch
nicht erwünscht ist, werden auch Angebote in diesem Bereich, z.B.
unsere Deutschkurse, immer wieder sabotiert werden. Sich einer
Politisierung des Konflikts zu verweigern, heißt nicht, neutral zu
sein, denn den deutschen Integrationsverweigerern ist unsere Arbeit
längst ein Dorn im Auge. Die angebliche Neutralität, die gewahrt
werden soll, macht uns nur blind gegenüber unserer eigenen
Ssituation, weil sie jegliche Analyse des politischen Kontextes
verhindert.
Was also tun? Die Kundgebung am 20. Juni 2019 vor
dem Innenministerium in Berlin ist nur ein Baustein von vielen, aber
wir können bundesweit voneinander lernen, wie all diesem Elend zu
begegnen ist. Nur zuzuschauen und mit den Schultern zu zucken ist
keine Option mehr.
Vernetzt euch in euren Schulen mit
Kolleg*innen und bildet Allianzen mit Leuten aus der Verwaltung.
Etliche andere sind ebenfalls vom BAMF alles andere als begeistert,
und es passiert viel zu viel hinter verschlossenen Türen!
Ihr
wohnt nicht in Berlin? In eurer Stadt gibt es keine Gruppe des
bundesweiten Daf/Daz-Bündnisses? Dann gründet eure eigene Gruppe
und nervt die Zuständigen in euren Städten, Gemeinden und
Bundesländern. Jede*r von uns kann einen offenen Brief schreiben,
eine Kundgebung organisieren und die eigenen Politiker*innen
nerven.
Sucht Zusammenarbeit mit migrantischen Gruppen und
anderen Initiativen, die diese ganze braune Soße satt haben! Wir
sollten uns nicht in Migrant*innen und Lehrkräfte, in
Festangestellte und Freiberufler*innen, in Migrant*innen mit guter
und mit schlechter Bleibeperspektive spalten lassen, sondern
solidarisch miteinander handeln. Die Beschissenheit unserer
Arbeitsbedingungen, die Schikane der Teilnehmenden und die Zermürbung
der Schulen sind alles nur verschiedene Facetten der gleichen
Strategie. Sie bedarf einer gemeinsamen Antwort aller Beteiligten und
Betroffenen! Auch nach dem 20. Juni gilt:
Solidarität statt BAMF!

Zeit-Online berichtet über die Arbeitsbedingungen der VHS-Dozent*innen: “Ich unterrichte für weniger als 7 Euro die Stunde”, 07.10.2019. Interviewt werden mehrere Lehrkräfte aus verschiedenen Städten.
Dass die Frage nach dem Status und der Bedeutung der VHS-Dozent*innen ist nicht trivial ist, zeigt ein Blick in die Kommentarspalte zum Artikel. Hier zwei Beispiele:
“Volkshochschulen sind eben als Hobby zur Wissensvermittlung gedacht. Und nur weil einzelne das Konzept zum Lebensunterhalt missbrauchen wollen, sollten wir es nicht ändern.”
“VHS Dozenten SIND Lehrer zweiter Klasse, weil für die Tätigkeit an sich keinerlei Qualifikationen notwendig sind”.
Bis sich die Erwachsenenbildung als eigene Pädagogik in den Institutionen, den Köpfen und im Lebenslauf verankert, ist es offenbar noch ein weiter Weg. Hier zeigt sich die Notwendigkeit, auch darüber zu sprechen, was für eine Volkshochschule wir wollen und welche Schritte dorthin führen.
Weiterführende Links:
VHS-Petition “Gebt der Erwachsenenbildung eine Zukunft!”
Die Grüne Bundestagsfraktion hat am 25.09.2019 in Berlin ein Fachgespräch über Selbstständigkeit und Altersvorsorge veranstaltet, das mit einem Redebeitrag von Markus Kurth, rentenpolitischem Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, eröffnet wurde. Nach seiner Auffassung bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch vieler Selbstständiger nach Autonomie und dem Bedürfnis anderer Selbstständiger nach gesetzlichem Schutz.
Read More →Am 17.9.19 veröffentlichte “die Welt” einen Artikel über die Integrations- und Alphakurse vom BAMF. Unter dem Titel “Bildungsniveau der Zuwanderer in Integrationskursen sinkt” berichtet der Artikel über die erste Zwischenbilanz der 2018 gestarteten Überprüfung der Wirksamkeit der BAMF-Kurse. Allerdings führt der Titel in die Irre, denn die Bilanz ist weitgehend positiv. Gesunken sind die Eingangskenntnisse der Kursteilnehmenden.
Mehr Alphabetisierungskurse müssen angeboten werden: Mehr als jede*r fünfte*t Teilnehmende*r besucht schon heute diese Kursart. Die vom BAMF-Forschungszentrum geführte Untersuchung soll bis 2022 abgeschlossen werden.
Read More →Gern leiten wir diese Anfrage weiter:
„Im Rahmen meiner Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften führe ich eine Studie zum Thema „Erfahrungen von Lehrbeauftragten an Hochschulen in Deutschland“ durch.
Der Fragebogen kann online unter https://www.unipark.de/uc/Lehrbeauftragte/ ausgefüllt werden. Dies nimmt etwa 10-15 Minuten in Anspruch.
Ziel dieser Untersuchung ist es, die spezifischen Anforderungen und Belastungen von Lehrbeauftragten zu identifizieren. Hierbei betrachten wir sowohl den Einfluss kontextspezifischer als auch individueller Aspekte. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen dazu beitragen, die Beschäftigungssituation von Lehrbeauftragten zu verbessern.
Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, ist es sehr wichtig, dass möglichst viele Lehrbeauftragte an dieser Studie teilnehmen.”
Es ist wieder so weit: Am Freitag, den 26.07.2019 begannen die Sommerferien in Baden-Württemberg – und damit die Arbeitslosigkeit von 9.000 Lehrerinnen und Lehrern der staatlichen Schulen. Der Skandal daran ist, dass sehr viele der Betroffenen im September zum neuen Schuljahr wieder eingestellt werden. Sie werden gebraucht – nur in den Sommerferien nicht.

Die Schulferien sind aber fest in die Arbeitszeit und in das Lehrergehalt einkalkuliert. Wer das ganze Jahr über gemäß der Arbeitszeiten unterrichtet, in die bereits unterrichtsfreie Zeiten eingerechnet sind, der muss diese unterrichtsfreie Zeit dann auch erhalten. Alles andere ist Diebstahl.
Read More →Eine internationale Expertenkommission hat am Freitag 19.7.2019 die Entscheidungen zur Exzellenzförderung von Universitäten bekanntgegeben: Bundesweit zehn Universitäten sowie der Berliner Verbund erhalten Födergelder der Exzellenzinitiative. Im Berliner Verbund befinden sich die drei großen Berliner Universitäten und die Charité.
Es bleibt offen, ob denn auch die Arbeitsbedingungen exzellent werden, angesichts von Befristungen im Wissenschaftsbereich und Verwaltung, Outsourcing, Arbeitsverdichtung und schlechter Grundfinanzierung. Verschiedene Abgeordnete kritisierten gegenüber Zeit Campus beispielsweise, die Exzellenzinitiative würde die Hochschullandschaft spalten, die Hochschulen der neuen Bundesländer müssten stärker gefördert werden und Betreuungsqualität und Arbeitsbedingungen spielten in der Exzellenzstrategie keine Rolle. Andreas Keller, hochschulpolitischer Sprecher der GEW, forderte nicht nur mehr Geld zu investieren, sondern diese Gelder auch nachhaltig und verlässlich auszugestalten (vgl. Interview im SWR).
Bund und Länder stellen für die Exzellenzstrategie jährlich rund 533 Millionen Euro bereit, 148 Millionen davon für die Exzellenzuniversitäten. 75 Prozent der Mittel stammen vom Bund, 25 Prozent vom jeweiligen Bundesland der Exzellenzuniversität.
Zwei Artikel der letzten Wochen beleuchten die befristeten Beschäftigungsverhältnisse an Universitäten. Sie lassen Betroffene zu Wort kommen und analysieren Hierarchien, Finanzierung sowie mögliche Lösungsansätze:
- “Karriere in der Wissenschaft: Mit Anfang 40 werden viele Forscher nicht mehr gebraucht”, SZ vom 23.06.2019
- “Angst vor der akademischen Abbruchkante”, Tagesspiegel vom 10.07.2019
Im Artikel “Mit Anfang 40 werden viele Forscher nicht mehr gebraucht” (SZ, 23.06.2019) kommen mehrere Betroffene zu Wort, die die Auswirkungen von befristeter Beschäftigung beschreiben. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz erlaubt eine befristete Beschäftigung von sechs Jahren vor der Promotion und sechs Jahren nach der Promotion. Danach gilt es, eine der knappen Professuren zu ergattern oder sich in den Konkurrenzkampf um Drittmittel zu werfen – ansonsten gibt es plötzlich keinen Platz mehr in der Hochschullandschaft. So steht der Mittelbau unter dem doppelten Druck von befristeten Stellen und unsicherer Zukunftsperspektive.
Als sie an die Akademie zurückkehrte, bekam sie statt der versprochenen Entfristung einen Dreimonatsvertrag präsentiert. “Ich dachte mir, wenn es so weitergeht, brauche ich einen guten Therapeuten”, sagt Marchionni. (…) “Ich weiß nicht, wie wir das nervlich durchgehalten haben.”
Im Artikel “Angst vor der akademischen Abbruchkante” (Tagesspiegel, 10.07.2019) wird deutlich, dass es neben der Frage der Finanzierung auch um Hierarchien geht. Ein großer, in Abhängigkeit gehaltener Mittelbau bilde auch einen “Hofstaat” für die Professor/innen. Der Artikel beleuchtet auch verschiedene Modelle und Forderungen, um prekäre Beschäftigung einzudämmen.
Tilman Reitz, Wissenssoziologe an der Universität Jena (…) fordert, das „ungehemmte Anwerben und Entsorgen wissenschaftlicher Nachwuchskräfte“ müsse aufhören. Derzeit lägen die Chancen von Promovierten, dauerhaft in der Wissenschaft zu bleiben, „nicht akzeptabel“ unter 30 Prozent.

Anlässlich des 100jährigen VHS-Jubiläums ruft der Deutsche Volkshochschulverband zu einer “Langen Nacht der Volkshochschulen” am 20.09.2019 auf. An diesem Abend sollen sich die Volkshochschulen bundesweit mit Veranstaltungen und Schnupperangeboten in der Öffentlichkeit präsentieren. Das Motto lautet “Gesellschaftlicher Zusammenhalt”.
Diese Veranstaltung ist ein guter Anlass, um auf die Belange der Dozentinnen und Dozenten aufmerksam zu machen. Einige ermutigende Beispiele lieferten bereits die KollegInnen in Köln, Stuttgart und Hamburg. Und für eine einfache Aktion braucht ihr im Prinzip nur wenige Dinge:
Read More →Es ist entschieden: Die Chance auf eine Entfristungsoffensive an Deutschlands Hochschulen wurde vertan. In den neuen Wissenschaftspakten stehen dazu keine verbindlichen Vorgaben, obwohl die Mittel dazu mittlerweile da wären.
Das Bündnis “Frist ist Frust” und das “Netzwerk Gute Arbeit in der Wissenschaft” rufen nun dazu auf, den Kampf auf Länderebene fortzuführen:
Aufruf: Den Ländern einheizen!
Der „Hochschulpakt“ wird vom „Zukunftspakt Studium und Lehre stärken“ abgelöst und die Mittel werden verstetigt. Wie werden die Länder diese Mittel einsetzen? Werden sie die Chance nutzen, die verstetigten Mittel als Grundhaushalt aufzunehmen und davon entfristete Stellen mit vernünftigem Lehrdeputat zu schaffen?
Ihr seid gefragt!
- Sprecht an Euren Hochschulen über die Vergabe der Personalmittel!
- Macht Euch für konkrete und verbindliche Entfristungsvereinbarungen in den Verträgen stark!
- Dauerstellen sind jetzt möglich!
Aufruf des Netzwerk Gute Arbeit in der Wissenschaft
Länder bislang als Bremsklotz erlebt
Dass die Länder bislang eine zweifelhafte Rolle innehatten, beschreibt die Initiative “Frist ist Frust” in ihrer Erklärung “Erkenntnis ohne Konsequenzen” vom 05.06.2019.
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